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REGGIO PÄDAGOGIK - Kreativität und Ästhetik
In der Reggio-Pädagogik geht es um die Entfaltung einer kreativen selbstbewussten Persönlichkeit, die die Alltagszusammenhänge des Lebens aufgreifen und sie aktiv gestalten und verändern kann, um als Individuum in Gemeinschaft mit anderen Menschen den stets wandelnden Herausforderungen des Lebens produktiv begegnen zu können. Kreativität hat vielfältige Funktionen für die persönliche Entwicklung und die Wahrnehmung von Lebenschancen. Im Kontext der Bildungspolitik ist die Bedeutung für das Wahrnehmen von Bildungschancen und das Erreichen von Bildungserfolgen besonders hervorzuheben. Mit den steigenden Anforderungen an das Bildungssystem ist verstärkt bewusst geworden, dass jeder Bildungsbereich, in den sprachlichen, musischen, sozial- wie in den naturwissenschaftlichen Bereichen, kreative Fähigkeiten und Fertigkeiten voraussetzt und zugleich zu deren Weiterentwicklung beiträgt. Kreativität ist als eine einheitliche Kompetenz zu verstehen, die im Leben nicht nur zur persönlichen sondern auch zu gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten beiträgt. Ein bewusster Umgang mit der Ressource Kreativität ist daher ein bildungspolitisches Ziel ersten Ranges. Ziel ersten Ranges. Dabei ist Kreativität als eine einheitliche Kompetenz zu verstehen, die im Leben zur persönlichen als auch zur gemeinsamen sowie zu gesellschaftlichen Gestaltungsmöglichkeiten beiträgt.
Der Kreativität kommt in der Reggio-Pädagogik eine außerordentliche Bedeutung zu. Carla Rinaldi, nach Malaguzzis Tod die führende Pädagogin in Reggio Emilia, definiert: Kreativität ist "...wie ein Potential, das das Leben jedes Menschen begleitet und zu einer der Spuren wird, die die Einzigartigkeit und Unverwechselbarkeit der Person ausmachen. Zugleich ist die Kreativität ein Charakteristikum jedes Menschen, unabhängig vom Lebensalter..." (Rinaldi 1995, S. 9; ). Sie betont, dass gerade in den ersten Lebensjahren Kreativität sich mit der unbegrenzten Explosion neuronaler Strukturen im menschlichen Hirn entfaltet; denn "...jeder Lernakt ist ein kreativer Akt, nicht weil dabei notwendigerweise etwas Neues entsteht, sondern weil dem Individuum im Lernen etwas Neues begegnet" (Rinaldi 1995, S. 15;)
Die kreativ-expressiven Energien fließen in der Reggiopädagogik in Gestaltungsprozesse. Die Schöpfungen und Gestaltungen sind sozial und/oder individuell geprägt. Es gibt diese nur einmal auf dieser Welt. Der kreative Prozess steht im Vordergrund, aber auch das erschaffene Werk; die Dokumentation zeigt von den Lernwegen und Lernumwegen der Kinder. Alle Beteiligten erkennen und erfahren selbst, dass sich Individualität und Sozietät ergänzen und ein verfolgtes Ziel erreicht wurde.
Ihre Ästhetik ist ein bedeutendes Erkennungsmerkmal der Reggio-Pädagogik. Diese konkretisiert sich in der Architektur, der Gestaltung des Raumes, den Formen der Dokumentation sowie der Auswahl und Präsentation der Materialien (vgl. Knauf 2017b, S. 8). Wenn in der Reggio-Pädagogik die Bedeutung ästhetischer Erfahrungen betont wird, beziehen sich viele Pädagog:innen insbesondere auf John Dewey und Gregory Bateson. Für Dewey steht vor allem der ästhetische Charakter von Erfahrungen im Vordergrund. Bateson dehnte den Begriff des Ästhetischen auf alle Formen körperlicher, sinnlicher und emotionaler Wahrnehmungs- und Gestaltungsmöglichkeiten aus. Er unterscheidet zwischen ‚strengem‘ und ‚lockerem‘ Denken, wobei das strenge Denken ein logisches Denken beschreibt, während das lockere Denken ästhetisch geordnet ist. Daraus lässt sich schließen, dass die Ästhetik als Gegenspieler zur analytischen Vernunft benötigt wird (vgl. Schäfer et al. 2013, S. 35f.)
Der ästhetischen Bildung zufolge stellen sinnliche Erfahrungen den Ausgangspunkt für die menschliche Bildung und Entwicklung dar. Ästhetischen Bildungsprozessen wird demnach bereits in der frühen Kindheit ein sehr hohen Stellenwert beigemessen. Die ästhetische Bildung zieht einen lebenslangen Prozess mit sich, welcher nicht durch eine bestimmte Zielerreichung abgeschlossen wird, sondern von einem Individuum selbst und aus eigener Kraft vorgenommen werden muss. Demnach spielt im Kontext der ästhetischen Bildung in elementaren Bildungs- und Betreuungseinrichtungen auch die kindliche Selbsttätigkeit eine große Rolle.
Die ästhetische-kulturelle Bildung beschreibt Lernformen, die sich kulturell verdichtete Arbeitsweisen und Ausdrucksformen zu Nutze machen beziehungsweise zu künstlerischem Ausdruck befähigen. Ein frühzeitliches Lernen für, durch und mit den Künsten Musik, Theater, Tanz, Bildende Künste, Medien und vielen mehr.
Mit der Betonung des ästhetischen Charakters von Erfahrung greift die Reggio-Pädagogik ein Motiv auf, das Ästhetik als wesentlichen Teil des Denkens und der Verarbeitung von Wirklichkeitserfahrungen sieht. Insofern wird Ästhetik – ästhetisches Denken und Gestalten - als kein eigener Bildungsbereich gesehen sondern als Grundlage für Wahrnehmung, Verarbeitung, Handeln und Denken. Hier werden zwei Aspekte besonders hervorgehoben: Den eines Denkens in Bildern - ästhetisches Denken - sowie Prozesse, durch welche solche Bilder gestaltet werden. Das Ästhetische ist ein Teil unserer Alltagserfahrungen (Aisthesis=Wahrnehmung).
Ästhetische Wahrnehmung erfasst die Wirklichkeit, ohne ihre Zusammenhänge zu zerstören, ist daher ganzheitlich. Ästhetik bezeichnet nicht bestimmte Ideale der Harmonie oder der Schönheit, sondern umfasst alle Ordnungen der Wirklichkeit, die mit Hilfe der Sinne geschaffen werden. Die Wahrnehmung der Wirklichkeit mit Hilfe der Sinne erzeugt ästhetische Ordnungen. Wahrnehmen ist daher mehr als das Öffnen der Sinnesorgane. Dieses Erfahren, Ordnen und Gestalten von Wirklichkeit mit ästhetischen Mitteln hat die Reggio-Pädagogik zu einem ihrer Schwerpunkte entwickelt. Die Arbeit in den Ateliers mit den verschiedensten Werkzeugen, Materialien und Gestaltungsmittel bildet ein Zentrum der kindlichen Erforschung der Wirklichkeit. Durch die Vielfalt der ästhetischen Verarbeitungsweisen werden die Grundlagen für die Vielfalt kindlichen Fragens und Nachdenkens gelegt, die sinnlich-ästhetische Verarbeitung von Wirklichkeit gibt der Neugier und dem Forscherdrang Nahrung.
Ästhetisches Lernen in der Reggio-Pädagogik Dr.Adelheid Sievert, Universität Gießen
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Ö-Cert richtet sich an Einrichtungen der Erwachsenenbildung, die unter erwachsenpädagogischen Gesichtspunkten qualitätsvolle Arbeit leisten und dies anhand der Ö-Cert-Kriterien nachweisen können. Ö-Cert wird von Bund und Ländern auf Basis einer gesetzlichen Grundlage vergeben (15a-Vereinbarung zu Ö-Cert, BGBl. II Nr. 269/2012) und gilt als europäisches Vorzeigeprojekt.